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Die Grünen im Kreis Calw

Bericht über unseren Waldspaziergang in Gechingen

Ohne Wald wird’s nichts – ein Waldspaziergang organisiert von Bündnis 90/ Die Grünen in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Calw

Jürgen Martinek, links, ist Revierleiter für Gechingen und Althengstett und erläutert den Teilnehmenden seine Arbeit. Foto: Anke Much

 

Der Wald in Deutschland leidet. Die Trockenperiode 2018 bis 2020 hat ihm zugesetzt und Thomas Ebinger von der Staatsklenge Nagold, die sich um die staatlichen Waldanteile in Baden-Württemberg kümmert, ist sich sicher: “In zwanzig Jahren werden wir wohl keine Fichten mehr haben.” Auch wenn es im Kreis Calw nicht so schlimm aussähe wie in benachbarten Kreisen, ist auch unser Wald mit seiner hohen Buchen- und Fichtendichte bereits geschädigt.

 

Am 7. Juli rief der Kreisverband von Bündnis 90/ Die Grünen daher zu einem Waldspaziergang in Gechingen auf, um hautnah zu erleben, wie unser Wald sich verändert – und wie Förster und Behörden hart daran arbeiten, den Wald zu schützen. Inge Hormel (stellvertretende Abteilungsleiterin für Forstbetrieb und Jagd im Landratsamt Calw) und Jürgen Martinek (Revierleiter für Gechingen und Althengstett) erklärten den Teilnehmenden bei einem dreistündigen Spaziergang, wie die Kommune versucht, die Interessen zukünftiger Generationen mit den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft zu vereinen. Die engagierten Waldfachleute unterstützten ihren Vortrag mit wissenschaftlichen Quellen, Schaubildern und anschaulichen Erfahrungsberichten aus den letzten 40 Jahren.

 

Inge Hormel, die seit Jahrzehnten die Klimadiskussion und die Frage danach, wie schlimm es wohl werden wird, aus beruflichem und persönlichen Interesse verfolgt, ist entsetzt darüber, wie sich die schlimmsten Prognosen immer mehr zu bewahrheiten scheinen. “Das ist erschreckend, aber wir werden alles dafür tun, dass wir so gut wie möglich für solche Worst-Case-Szenarien aufgestellt sind. Wir können nicht mehr so weitermachen wie bis vor 10 Jahren noch”, sagt sie. Überall da, wo natürliche Waldverjüngung nicht mehr stattfindet, müssen auch Bäume nachgepflanzt werden, die mit unseren heimischen Bäumen zwar artverwandt sind, aber trockenresistenter sind. “Elsbeere, Hainbuche, Spitzahorn oder Winterlinde sind Exemplare, die viel an Bedeutung gewinnen werden”, meint Hormel. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass nicht wieder – wie bei den Pflanzungen der Fichtenwälder vielfach in Deutschland geschehen – Monokulturen gepflanzt werden sollten. Statt dessen plädiert sie für mehr Vielfalt im Wald.

 

Hormel betont, dass in jedem Falle Wald viel mehr sei als nur Wirtschaftsfaktor. Neben Wirtschaftlichkeit sei für die Gesellschaft auch immer mehr der Naturschutz und der Erholungswert des Waldes in den Vordergrund gerückt. Dies ist eine Entwicklung, die sie begrüßt und die durch das “Alt- und Totholzkonzept” repräsentiert sieht. Dieses Konzept, dass im gesamten Kreis Calw angewendet wird oder werden sollte, sieht vor, dass jede Kommune sogenannte Waldrefugien sucht und benennt, in denen vielleicht schon viele alte, besondere Bäume stehen. In diesen Gebieten ist forstwirtschaftliches Arbeiten dann strikt untersagt, so dass auch natürliche Lebensprozesse des Waldes wie das langsame Absterben der alten Bäume wieder stattfinden können. Neben den Waldrefugien gibt es noch Habitatbäume und -baumgruppen, die der Förster bei Waldbegehungen markiert um ihre besondere Wertigkeit für den Wald herauszustellen. Auch sie dürfen dann nicht geerntet werden. So soll den Bäumen als Garanten für Biodiversität Rechnung getragen werden, auch in Wäldern die fast ausschließlich wirtschaftlich genutzt werden.

 

Die verschiedenen Interessen in der Gesellschaft stehen manchmal in Konflikt miteinander, berichet Martinek, der sich bereits an das Gefühl, zwischen den Stühlen zu sitzen, gewöhnt hat. Den gegensätzlichen Bedürfnissen zwischen Wirtschaftlichkeit, Erholung und Naturschutz gerecht zu werden sei nicht einfach. Dennoch liebe er seinen Beruf und das ermächtigende Gefühl, der bereits begonnenen Klimakrise nicht untätig zusehen zu müssen. Dieses Spannungsfeld zwischen Krisenstimmung und Tatendrang, von dem Hormel und Martinek berichteten, beeindruckte alle Teilnehmenden der Wanderung tief und wird noch lange in Erinnerung bleiben.

 

Bericht: Kati Cysarek, Grüne Calw

Bilder: Anke Much, Grüne Calw

 

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