Das „Regionentheater aus dem schwarzen Wald“ hatte den Staatssekretär mitten auf seine Bühne nach Zavelstein eingeladen. Aber gerade nicht, um ein Schauspiel aufzuführen.
„Die Zeiten, in denen Staatssekretäre herumreisten und sich groß damit taten, Geschenke zu verteilten, sind vorbei!“, meinte Arne Braun und spielte damit auf die sehr angespannte Haushaltslage von Land, Kreis und Kommunen an.
„Mit der regionalen Kulturszene ins Gespräch kommen, vor Ort“. Das war das Ziel des Besuches des Staatssekretärs für Kunst und Kulturpolitik Arne Brand, der aus Stuttgart ins Konsul Niethammer Kulturzentrum KoNi nach Zavelstein angereist war.
Corona hat auch der Kleinkunstszene erheblich zugesetzt. Viele Aufführungen fielen aus und schnell ging es den Künstlern an die reine Existenz. Die Politik half mit dem „Neustart-Programm“. Regional wurde daraus das Projekt „kultur.land.kreis Calw“. Was aus dieser regionalen Vernetzung von fünf Bühnen übriggeblieben sei, wollte Arne Braun wissen.
Die „Neustart“-Förderung habe geholfen, ja - aber das habe nicht die Existenz-Sorgen der Kulturschaffenden im ländlichen Raum beseitigt, war die Meinung der Anwesenden. „Noch sind wir erst am Anfang, festere kulturelle Fundamente zu schaffen“, meinte Claudia Krause, die Leiterin der Kulturamtes im Landratsamt Calw. „Das ist im ländlichen Raum mit seinen Entfernungen und beispielsweise den Problemen im Öffentlichen Nahverkehr alles sehr schwierig!“ Auch die viele Bürokratie bei der Beschaffung von Mitteln wird nicht gerade als hilfreich empfunden. „Das Amt von Frau Krause ist deutlich unterbesetzt. Wir arbeiten aber gut zusammen und entwickeln gerade das Label „Kultursommer“. Damit wollen wir die Initiativen im Kreis Calw in einem gemeinsamen Kulturkalender zusammenführen“, hörte der Staatssekretär aus der Runde.
Sind 50 jetzt die neuen 100?
Es gilt als Faustregel für Kleinkunstbühnen: ab 100 Besucher:innen kommen die Kosten wieder rein und der Auftritt hat sich gelohnt. „Aber heute spielen wir teilweise vor nur zwanzig Menschen. Da stimmen dann die Finanzen nicht!“, beklagte sich Andreas Jendrusch.
So drehte es sich bei dem Gespräch im KoNi schnell um das Geld. Arne Braun war sich der prekären Lage der Künstler bewusst und vertrat auch die Haltung, dass Kulturschaffende von ihrer Arbeit leben können müssen. „Die 50 sind halt nicht die neuen 100! Die Differenz kann der Staat nicht auffangen“, gab Arne Braun zu bedenken. Das war die Vorlage für Urs Johnen: „Wir haben in Deutschland 50.000 Jazz-Musiker, die mit ihren geringen Einkommen alle auf die Altersarmut zusteuern. Das kann und darf es nicht sein!“
Arne Braun hatte weiterführende Fragen: „Was ist der gesellschaftliche Wert von Kultur – gerade in Bezug auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt?“ Dazu gehört die Diskussion über Qualität: „Für wen machen wir was? Stimmen die bisherigen künstlerischen Formate noch? Ist das alles noch so richtig?“ Fragen für weitere Gespräche.
„Welchen Wunsch darf ich mit nach Stuttgart nehmen?“, wollte Braun nach der regen Diskussion wissen. Jendrusch hatte gleich seine Bitte parat: „Wir brauchen im Nordschwarzwald ein gemeinsames Produktions-Kulturhaus, womit wir unsere Kooperation verstetigen können. Dazu gehört auch, dass die Behörde im Landkreis personell besser ausgestattet wird und so bürokratische Abläufe bündeln und uns damit zeitlich entlasten kann.“
„Mit diesen Perspektiven könnte der Kreis Calw vielleicht Modell-Landkreis werden!“ meinte Arne Braun hoffnungsvoll zum Abschied und machte die Bühne wieder frei für Pumuckel und Meister Eder.
Bericht: Albrecht Martin
Fotos: Wolfgang Much
Weitere Bilder zum Besuch von Arne Braun in Bad Teinach-Zavelstein