„Endlich mal wieder in Bad Herrenalb“ – stand auf der Einladung zur Versammlung der Grünen aus dem Kreis Calw. Aus Bad Herrenalb waren neben den Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen auch Aktive der Grünen Liste Bad Herrenalb e.V. und der Fraktion Grüne PLUS in die Alte Abtei gekommen. Nach all der Presse in den letzten Wochen ein gutes Zeichen für das Treffen der 25 Kommunalpolitiker:innen.
Der Abend zeigte, wie wertvoll es für die grünen Kommunalpolitiker:innen ist, über ihre Partei im regen Austausch zu stehen. Bewährtes Know-How wechselte an dem Abend seine Besitzer.
Das Dilemma der Stadtentwicklung
- Einerseits muss Wohnraum geschaffen werden. Die Bevölkerung wächst und Wohnraum ist knapp. Was liegt näher als immer wieder neue Baugebiete auszuweisen?
- Andererseits wollen die Grünen dem Flächenfraß Einhalt gebieten und Wald, Feld und Wiesen vor weiterem Zugriff schützen. Scheinbar ein nicht auflösbarer Widerspruch.
Wer aber genauer hinschaut, entdeckt in seinem Ort nicht wenige Baulücken. Die meisten sind (mit öffentlichen Mitteln) bereits erschlossen, liegen aber brach. Wie könnte hier etwas bewegt werden? Darüber wurde diskutiert. „Enkelgrundstücke“, werden die Baulücken im Fachjargon genannt. „In Althengstett haben wir über 200 solche Grundstücke“, meinte der Gemeinderat Philipp Jourdan.
In Bad Herrenalb wurde mit einem Antrag – den kann jede:r stellen – jetzt die Verwaltung aufgefordert, eine Aufstellung aller baureifen Grundstücke dem Gemeinderat vorzulegen. Ein erster, ein guter Schritt.
Grundsteuer C – das richtige Werkzeug zur Nachverdichtung?
Siggi Beck vom Kreisvorstand brachte die „Grundsteuer C“ in die Diskussion ein. Er sagte: „Der Landtag von Baden-Württemberg hat den Weg frei gemacht für die Grundsteuer C. Kommunen können – wenn sie wollen – ab 2025 einen eigenen Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke selbst festlegen. Wir bleiben an dem Thema dran!“
Bürgerenergie – Engagement für die Energiewende
Die Befürchtung stand im Raum, dass durch die Ausweisung von Landesfläche (1,8% für Windenergie, 0,2% für Freiflächen-Solaranlagen) für die Erneuerbare Energien externe Investoren zugreifen und sich daran lokale Unzufriedenheit entzünden könnte. Mitten im Kommunalwahlkampf.
Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Bürgerenergie-Genossenschaften – zwei erfolgreiche Beteiligungsmodelle.
Durch die aktuell hohen Energiepreise ist vielen—sehr vielen—Menschen bewusst geworden, wie sexy es ist, seinen Strom und sein warmes Wasser selbst herzustellen. Oder eben an einer großen PV-Anlage beteiligt zu sein. In Bad Herrenalb wird seit langen Jahren von der „Bürger PV Beteiligung GbR“ ein PV-Anlage betrieben. Jetzt wird überlegt, ob weitere Gesellschaften gegründet werden. In Bad Liebenzell hat sich gezeigt, dass auf dem Weg der GbR das Kapital für eine große PV-Anlage rasch zusammenkam. Die Zeit ist reif dafür.
Daneben erwachen auch die Bürger-Energiegenossenschaften zu neuem Leben. Ein Generationswechsel bahnt sich an, wie zB in Schömberg. Dort wird das Geschäftsfeld der „Bürger-Energiegenossenschaft Schömberg“ auf weiter Orte wie Höfen, Bad Liebenzell und Unterreichenbach ausgedehnt. Der große Aufwand an Geld, Zeit und Nerven zur Gründung neuer Genossenschaft entfällt. Und vor allem: Über die Bürgerbeteiligung an der Energiewende lösen sich viele Vorbehalte – auch gegen die Windenergie – in Wohlgefallen auf.
„Werdet alle Mitglieder in Bürger-Energiegesellschaften!“, mit dieser Aufforderung schickte der Moderator des Abends, Siggi Beck, die Anwesenden zufrieden auf den Nachhauseweg.
© Text: Albrecht Martin
© Foto: Wolfgang Much